20.12.05

9. Mit Assistentin im Spital

Vor ein paar Tagen musste ich für eine Nacht zu einer Untersuchung ins Spital.

Wenn ich das Wort Spital nur höre kriege ich einen Schrecken, denn wenn ich ins Spital eintreten muss, fühle ich mich noch mehr behindert als sonst. Ich befinde mich in einer fremden Umgebung, schlafe in einem fremden Bett und fühle mich auch sonst sehr unsicher.

Gott sei dank musste ich erst um 20.00 eintreten. Eigentlich hatte ich vor mit meiner Assistentin vorher noch gemütlich zu essen, aber als es dann endlich so weit war, dieser Tag schien nie zu ende zu gehen, hatte ich keinen Appetit mehr. So beschloss ich, bis kurz vorher zu arbeiten. Meine Assistentin kam dann um 19.30 Uhr ins Büro und wir fuhren zusammen mit dem Taxi ins Spital. Ich drohte ihr schon, gleich wieder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit ihr zusammen zurück zu fahren. Ich hatte nur noch Angst. Kurze Zeit später waren wir dann in meinem Zimmer angelangt. Ich weiss nicht mehr, ob ich meine Assistentin dem Pflegepersonal als solche vorgestellt habe. Aber für mich zählte in diesem Augenblick nur, dass sie da war. Sie half mir dann wenig später ins Bett und da wir schon ein eingespieltes Team sind, brauchte ich nicht viel Anweisung zu geben. Aber wir hatten die Rechnung ohne das Spitalbett gemacht, nämlich gerade als ich meinen Oberkörper darauf legen wollte bewegte sich das Bett ganz heftig, so dass meine Bettnachbarin erschreckt angelaufen kam und uns versuchte zu helfen. Aber das Bett liess sich nicht bändigen, es musste sich erst jemand darauf setzten bis es still stand. Danach kam ich einigermassen glimpflich ins Bett. Meine Assistentin setzte sich dann an mein Bett und wir sprachen über dies und das. Sie gab mir auch etwas zu trinken und rückte mich mehrmals ein bisschen zurecht im Bett. Langsam wurde ich ruhiger und ich vergass sogar wo ich war.

Wenig später kam ein Techniker mit der Apparatur ins Zimmer, an welche ich angeschlossen werden sollte für die Untersuchung. Meine Assistentin half auch noch beim verkabeln, das heisst, sie half mir beim aufsitzen und stabilisierte mich. Ich war sehr froh, dass sie da war. Denn mit ihr sind solche „Unternehmungen“ wesentlich angenehmer als mit fremden Personen. Danach verabschiedeten wir uns von einander und ich hoffte sie am nächsten Tag wiederzusehen.

Ich bin eine Verfechterin von Persönlicher Assistenz auch im Spital. Denn wenn ich ins Spital muss bin ich nicht nur krank, sondern auch behindert. Meine Erfahrung zeigt, dass das Pflegepersonal meistens sehr grosse Schwierigkeiten hat mit einer Behinderung umzugehen.

Ich denke, dass es in einer solchen Situation besser ist meine Assistentin dabei zu haben, denn sie ist ja von mir ausgebildet worden und kennt meine Einschränkungen. Aber schliesslich wird es eine politische Frage sein ob man seine Assistenz mit ins Spital nehmen kann und ob man auch während dieser Zeit auch das Geld dafür bekommt. In meinen Augen wäre dies absolut nötig.

09.12.05

8. Lustige Assistenz?!

Wie Sie, liebe Blog Leser vielleicht wissen, habe ich einen Elektrorollstuhl. Nun, ist mir folgendes damit passiert.

Vor einigen Tagen ging ich damit nach draussen. Ich war auf dem Weg zu meiner Arbeit. Ich brauche nur etwa drei Minuten dafür. Es regnete leicht und ich dachte für die paar Tropfen mache ich jetzt keinen Regenschirm auf. Ich weiss, dass mein Steuerpult am Rollstuhl sozusagen keine Nässe verträgt. Aber ich dachte für die paar Tropfen und diese kurze Strecke

wird wohl nicht passieren, dachte ich…...

Mein Arbeitstag verlief dann ohne technische Zwischenfälle. Nach der Arbeit dann, fuhr ich in die Stadt. Plötzlich in einem Laden fing der Rollstuhl an zu hupen. Zuerst dachte ich, ich sei an den Knopf für die Hupe gekommen. So schaltete ich den Rollstuhl ab. Als ich ihn wieder anstellte, hupte er fröhlich weiter. Am liebsten wäre ich im Erdboden verschwunden, aber es half nichts, ich musste meinen Einkauf fertig erledigen. Das Gehupe schien immer lauter zu werden, mein Kopf wurde immer röter und röter. Zwischendurch konnte ich ihn für ein paar Sekunden abstellen. Welch eine Wohltat. Draussen auf der Strasse, er hupte noch immer was den sonst, fiel es Gott sei dank nicht mehr so auf. Die Umgebungsgeräusche waren so laut, dass mein Rollstuhlgehupe fast unter ging. Zuhause überlegte ich mir dann wie es mit dem Aufladen vom Rollstuhl aussieht. Abgestellt war er mucksmäuschenstill, was ja auch normal ist. So sage ich meiner Assistentin, sie solle bitte das Kabel zum Aufladen mit Strom vorne ins Steuerpult stecken. Sie dürfen drei Mal raten was dann passierte: Er hupte wieder.

An ein Aufladen in der Nacht wie sonst üblich, war nicht zu denken. Ich wollte nicht riskieren, dass meine Nachbarn vor der Türe standen, oder gar die Polizei. Zur Sicherheit schickte ich um sicher zu gehen, noch meine Assistentin vor die Türe um zu horchen. Sie hörte das Gehupe natürlich. So blieb mir nichts anders übrig, gleich noch etwas zu laden. So hängte ich dann den Rollstuhl in dieser Nacht nicht an den Strom.

Am nächsten Tag hoffte ich dann auf einen „stillen“ Rollstuhl, aber er hupte immer noch. Man soll ja auch nicht bei der Technik die Hoffnung aufgeben. So fuhr ich eben hupenderweise ins Büro. Die erste Frage meiner Assistentin war dann wenig später: „Hupt er noch?“

So rief ich dann meinen Techniker an. Der Mann meinte dann, man müsse eine Platte am Steuerpult auswechseln oder ich könne mit föhnen probieren. An einem so alten „Göpel“so eine Reparatur durchzuführen lohne sich nicht mehr, sagte ich . Der Techniker meinte dann noch, er könne keine Garantie übernehmen, dass es funktioniere. So ging ich mit meiner Assistentin wieder nach Hause und föhnte dann etwa 20 Minuten mein Steuerpult. Wir lachten uns halb kaputt und ich dachte: „ wenn es nur hilft!“ Und seitdem herrscht Ruhe bei meinem Rollstuhl. Dem Föhn sei Dank und meiner Assistentin auch!

06.12.05

7. Geburtstag feiern mit Assistenz

Schon lange habe ich mir gewünscht wieder einmal feierlich essen zu gehen. So richtete ich es mir an meinem Geburtstag so ein, dass ich mit meiner Assistentin in den Ausgang ging. Natürlich fing dies lange vorher an. Nämlich mit der Bitte an meine Assistentin dass sie sich festlich anziehen soll für diesen Abend . Ich frage sie auch ob sie mich schminken könne. Kein Problem meinte sie.

Am Rande sei erwähnt, dass ich mich nicht so wohl fühle mit meinem immer behinderter werdenden Körper. Aber ich habe einen Trick um mich besser zu fühlen indem mich schön anziehe und manchmal schminke. Dies hilft auch meinem Selbstbewusstsein auf die „Beine“.

Wenig später machten wir uns auf den langen Weg zum Restaurant. Meine arme Assistentin lief etwa ¾ Stunden neben meinem Elektrorollstuhl her. Ich bin ihr sehr dankbar, dass sie das mitmacht. Ich finde das nicht selbstverständllich. Sie hilft mir Transportkosten zu sparen. Zudem ist es lustiger, zu zweit irgendwo hinzugehen, als alleine. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt und ärgern uns gemeinsam, wenn ich irgendwo mit meinem Elektrorollstuhl nicht durchkomme, weil irgendein blöder Automoblist sein „Göpel“ auf dem Trottoir parkiert und ich einen Umweg fahren, oder gar das Trottoir verlassen muss.

Eigentlich wollte ich zuerst in die Bar gehen. Aber ich hatte keinen Platz mehr. So tranken wir unseren Apéro eben am Tisch im Restaurant. So bestellten wir zwei Mal das gleiche Fleisch und verschiedene Beilagen, zubereitet genau nach unseren individuellen Wünschen.

Wenn ich mit meiner Assistentin essen gehe, bin ich ganz erleichtert, denn sie füttert mich. So habe ich für andere Dinge Zeit. Wie zum Beispiel: mich im Restaurant umzusehen, Leute heimlich beobachten mit meiner Assistentin reden. Nur eines muss ich nicht „selber essen“.

Bevor ich eine Assistentin hatte, ging ich nur noch selten in ein Restaurant essen. Ich schäme mich sehr in der Öffentlichkeit zu essen, es sieht so „gruusig“ aus. Ich schäme mich jedoch nicht, wenn ich in der Öffentlichkeit gefüttert werde.

Meine Assistentin und ich können zur gleichen Zeit essen. Sie nützt meine Essenspause zwischen meinen einzelnen Bissen. Ich bin eine sehr langsame Esserin. Ich habe auch grosse Schwierigkeiten beim Schlucken. Meine Assistentin nützt dann meine Essenspausen zum selber essen. So kommen wir gut aneinander vorbei. Ich sage ihr auch genau was sie mir zu essen geben soll und wann Pause ist.

So sassen wir gemütlich beim Essen und vergassen die Zeit. Ich musste dann auch noch die Spitex verschieben. Es war ganz ein toller Abend und ich habe mich seit langem wieder einmal richtig wohl gefühlt, wie ein Mensch eben!

30.11.05

6. Kommunikation aber wie…? Oder, wie sag ich`s meiner Assistentin?

In letzter Zeit kommt es oft vor, dass ich meine Assistentin alleine einkaufen schicke,

da mein nächstgelegener Laden für mich schwer zugänglich ist. Damit wäre das Zugänglichkeitsproblem für mich aus der Welt geschafft. Ich sage ihr eine kleine Liste von Sachen welche sie für mich einkaufen soll und nehme natürlich an, dass ich genau diese Sachen wenig später in den Händen halten werde.

Hier habe ich genau den ersten Denkfehler gemacht nämlich den, wie sich meine Assistentin zu verhalten hat, wenn es ausgerechnet einmal diese Produkte nicht zu kaufen gibt. Ich habe es als selbstverständlich angesehen, dass meine Assistentin nichts bringt, wenn sie nicht genau das Produkt findet, welches ich in Auftrag gegeben habe.

Meine Assistentin ist sehr gewissenhaft und hat mir deshalb ein ähnliches Produkt gebracht.

Ich habe mich über ihre Initiative einerseits gefreut, andererseits aber geärgert. Gefreut darum, weil sie wirklich alles daran setzt, ihren Job gut zu machen. Geärgert darum Was soll ich jetzt mit diesen falschen Produkten anfangen?

Eine ganze Weile habe ich darüber nachgedacht was an unserer Kommunikation falsch gelaufen sein könnte. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich noch präziser sein muss in meinen Anweisungen. Das heisst, dass ich ihr auch sagen muss was zu geschehen hat, wenn sie meinen Auftrag nicht der vorgesehenen Weise erfüllen kann.

Soweit, so gut, aber wie sage ich ihr das nun, wegen dieser Einkaufsgeschichte Sicher nicht in Moment wo ich noch verärgert bin, sondern ich warte ein bisschen ab, bis ich mich wieder beruhigt habe. Genau dies habe ich gemacht. Ein paar Stunden später habe ich zu ihr gesagt: „ Übrigens, wenn Sie jeweils für mich alleine einkaufen gehen, bitte bringen Sie mir ausschliesslich das gewünschte Produkt und nicht ein Ersatzprodukt, bitte.“

Das war für mich ein gutes Beispiel wie wichtig eine präzise Kommunikation zwischen mir und meiner Assistentin ist und es gar nichts nützt, nur die Faust im Sack zu machen und ärgerlich darüber zu sein.

23.11.05

5. Arbeiten mit meiner Assistentin

Ich setze meine Assistentin in verschiedenen Bereichen ein, eben wo es gerade brennt. Sie gibt mir auch Assistenz an meinem Arbeitsplatz. Sie wäscht ab, putzt den Boden und räumt Lebensmittel ein.

Gerade um diese Tätigkeiten bin ich sehr froh, denn jetzt kann ich einen „echten“ Beitrag an „meine“ Firma leisten. Dies sind alles Tätigkeiten, welche ich aus behinderungsbedingten Gründen nicht zu meiner Zufriedenheit erledigen konnte. Was vorher viel Zeit brauchte, geht jetzt ganz leicht und vor allem schnell.

Dies ist ein Bereich, wo sie selbständig arbeitet. Ich habe hier vorab natürlich eine Einführung gegeben worauf sie zu achten hat. Das klappt sehr gut so! In der Zwischenzeit kann ich etwas anderes erledigen. So kann ich meine Zeit mit Assistenz doppelt nutzen. Sie assistiert mir aber auch bei anderen Büroarbeiten. Sie unterstützt mich auch beim Ordnung machen und Ordnung halten und tippt einen Text den ich ihr diktiere, schreibt E-Mails, Briefe, assistiert mir bei den Aufgaben die ich als Arbeitgeberin, regelmässig zu erfüllen habe. Ohne ihre Assistenz würde dies alles viel zu lange dauern und würde mich an den Rand der Verzweiflung bringen, weil ich physisch gar nicht in der Lage dazu bin.

Manchmal gibt es zwar ein bisschen Schwierigkeiten zwischen uns, nämlich dann, wenn ich einen privaten Brief oder einen Brief überhaupt schreiben will. Wenn ich ihr einen Brief diktiere passiert es manchmal, dass sie in ihren Worten schreibt und nicht in meinen.

Für mich ist es ganz wichtig, dass meine eigenen Worte verwendet werden.

Aber ich denke das ist mein Fehler, weil ich mich vorher nicht klar genug ausgedrückt habe. Ihre Aufgabe ist es ja meine Finger auf der Tastatur zu ersetzen, nicht meine Gedanken.

Ich denke, dass wir schon ein sehr eingespieltes Team, im Bereich Arbeitsassistenz sind.

22.11.05

4. Ferienvorbereitungen mit persönlicher Assistenz

Dies war in zweierlei Hinsicht etwas Neues. Einmal nicht nur in der eigenen Stadt Ferien machen zu können, sondern auch mit meiner persönlicher Assistentin, also zu Zweit, in die Ferien zu fahren. So war für mich klar, ein paar wichtige Fragen zum Voraus abzuklären. Ob wir denn ein Doppelzimmer nehmen könnten oder ob sie ein Einzelzimmer bevorzugen würde.

Es galt auch eine Pausenregelung zu finden für meine Assistentin. Auch war für mich eine grosse Frage ob wir uns vertragen können, über längere Zeit, auf so engem Raum und so nahe beisammen. Bis anhin war es so, dass wir jeweils nur ein paar Stunden pro Tag zusammen waren. Das war sowohl für meine Assistentin wie auch für mich ein Thema. Ich fand es gut, dass wir es schon vor unserer Abreise besprochen hatten. Dennoch haben wir nicht darüber gesprochen was passiert wenn wir uns nicht verstehen. Auch war da noch ein anderes Problem für mich. Meine Assistentin hatte mich noch nie vorher nackt gesehen. Diesen Teil habe ich immer anderen Pflegepersonen überlassen und wie würde sie reagieren, wenn ich in die Windeln machen würde. Ich wusste zwar vom Vorstellungsgespräch, dass es ihr nichts ausmachen würde meine Windeln zu wechseln. Dies war übrigens neben dem Füttern ein wichtiges Kriterium für ihre Anstellung. Im Gegensatz zum Füttern würde ich nie einen Freund bitten mir die Windeln zu wechseln, da dies etwas sehr intimes ist und ich es als Zumutung ihm gegenüber empfinden würde. In so einem Fall würde ich mich nicht mehr als seine Partnerin fühlen. Ich empfinde das Gefüttert werden von einem Freund als etwas sehr schönes darum, weil man sich sehr nahe kommt und weil ich es auch als lustvoll empfinde und zwischen uns eine besondere Atmosphäre entsteht. Aber es muss auch gesagt werden, dass ich mich nicht von jedem füttern lasse. Damit will ich nicht sagen, dass meine Assistentin mich weniger gut füttert, aber es ist einfach anders.

Als meine Assistentin mir den Koffer packte, sagte ich ihr, dass sie auch Handschuhe einpacken soll. Dabei bemerkte ich, dass sie nur wenige davon eingepackt hatte was mich sehr freute, weil ich sonst immer nur mit Handschuhen angefasst werde. Und das übrige Pflegepersonal sogar mit Handschuhen kocht und mich auch damit füttert. Dabei komme ich mir vor wie ein Stück Fleisch und nicht wie ein lebendiger Mensch.

21.11.05

3. Praxis und Theorie mit persönlicher Assistenz

Früher einmal habe ich davon geschrieben, dass ich zwei Bedingungen die sie unbedingt als meine persönliche Assistentin erfüllen musste für ihre Anstellung: Das Füttern und das Windeln wechseln. Mit dem Füttern habe ich bis heute keine Probleme, auch in der Öffentlichkeit nicht. Und ich finde auch, dass wir dies sehr gut im Griff haben, auch wenn meine Assistentin und ich gleichzeitig essen. Mit dem Windeln wechseln sieht das in der Praxis schon etwas anders aus. Ich habe es bis heute noch nicht geschafft sie darum zu bitten, obwohl ich schon oft schmutzige Windeln gehabt habe. Ich habe mich natürlich gefragt warum das so ist. Ich glaube, ich schäme mich vor ihr und befürchte auch, dass ich danach ihren Respekt als Arbeitgeberin verliere. Obwohl das unter anderem ein wichtiges Anstellungskriterium war. Aber spätestens wenn es nicht mehr anders geht, wird sie mir die Windeln wechseln müssen. Ich habe mir natürlich viele Gedanken gemacht über meine Rolle als Arbeitgeberin. Wie möchte ich sein? Wie möchte ich unser Arbeitsklima gestalten? Meine bisherige Lebenserfahrung hat gezeigt, dass mich oft andere Leute nicht als vollwertigen Mensch behandeln. Aber als Arbeitgeberin will ich ja ernst genommen werden. Und ich will ein gutes Arbeitsklima schaffen. Am liebsten wäre es mir, ich könnte nach Hause kommen und einfach mal nichts tun, einfach mal da sitzen und nachdenken. Aber manchmal habe ich das Gefühl nicht ich sei der Chef, gerade wenn ich mich etwas entspanne, sondern meine persönliche Assistentin. Manchmal kann ich das humorvoll nehmen und dann frage ich sie einfach, “ wer ist denn hier eigentlich die Chefin“ und wir müssen beide lachen und so wird es zu einem „geflügelten Wort“. Natürlich gibt es auch Sachen zwischen uns die sehr schwierig sind und eigentlich würde ich in einer solchen Situation ausflippen oder gar weinen. Das passt aber nicht zum Bild einer Arbeitgeberin, nach meiner Meinung. Ich erinnere mich gut an eine Situation bei welcher ich am liebsten davon gefahren wäre oder sie angefahren hätte. Stattdessen habe ich nur gesagt, dass es mir nicht gefällt was sie sagt und dass wir zu einem späteren Zeitpunkt darüber reden werden. Ich erinnere mich weiter an eine etwas schwierige Situation, nämlich nach dem Ende der Probezeit meiner Assistentin. Da habe ich ihr gesagt, dass ich sie gerne behalten würde, aber dass ich dieses und jenes anders haben will. Sie jedoch hat nur gesagt, dass sie weiterhin für mich arbeiten möchte, ohne jedoch etwas Weiteres über mich als Arbeitgeberin zu sagen. In diesem Moment kam ich mir etwas komisch und daneben vor.

15.11.05

2. Wie ich zur persönlichen Assistenz kam

Von Kindesbeinen an wurde ich darauf trainiert, trotz meiner Behinderung alles selber zu machen. Ich war zuerst gar nicht begeistert von dieser Idee. Denn das bedeutete am Anfang, dass ich zwei Stunden früher aufstehen musste um mich alleine anziehen zu können. Ich hatte eine Bank vor meinem Bett, wo ich mich jeweils drauf gesetzt hatte, ziemlich mürrisch und den Tränen nahe versuchte ich jeweils „das Selber anziehen“ zu verhindern, indem ich nach meiner Mutter rief. Sie aber liess sich davon nicht beeindrucken und antwortete mir jeweils: „Probiers noch mal selbst, ich komme gleich“. So trainierte ich immer weiter, bis ich es schlussendlich in einer halben Stunde schaffte.

So ging es mir mit verschiedenen Sachen, welche mir die Selbständigkeit ermöglichten. Ich war sehr stolz auf meine Selbständigkeit.

Mit 26 Jahren zog ich in meine erste, eigene Wohnung und konnte darin meine Selbständigkeit so richtig ausleben. Ich war mein eigener Herr und Meister.

Vor etwa 10 Jahren, von einem Tag auf den anderen, schien es mir dass meine Selbständigkeit entgleiten würde. Ich bekam eine zweite Lähmung, welche einen sofortigen Wohnungswechsel in eine rollstuhlgängige Wohnung, (inkl. Rollstuhlgängiges Badezimmer, welches ich vorher nicht hatte) nötig machte.

Ich erinnere mich noch genau, als mein Pflegebett in die neue Wohnung geliefert wurde. Denn das war eine der Bedingungen welche mir die Spitex auferlegt hatte, damit sie meine Pflege morgens übernehmen würden. Aber es sollte noch schlimmer kommen, aus damaliger Sicht gesehen.

Heute lebe ich mit 3,5 Std. Spitex am Tag, die mir ermöglicht aufzustehen und ins Bett zu gehen. Dies ist das absolute Minimum, welches mir erlaubt trotz zunehmender Behinderung in meiner eigenen Wohnung weiterzuleben ohne in ein Heim zu müssen. Was für mich bedeuten würde, mein jetziges Leben aufgeben zu müssen.

Viel wichtiger für mich ist meine persönliche Assistentin, welche mich durch mein Leben begleitet und die ausgefallenen Funktionen und Tätigkeiten meines Körpers, übernimmt.

Wie kam ich nun zu dieser persönlichen Assistenz: Natürlich habe ich mich während meiner Arbeit schon damit befasst, wo ich noch nicht im Traum daran gedacht habe, dass ich einmal selbst, persönliche Assistenz brauchen würde. Ich dachte zu dieser Zeit, dass sei etwas für andere Behinderte, aber sicher nicht für mich. Der Stolz meiner Selbständigkeit war immer noch in mir drin, obwohl man nicht mehr von Selbständigkeit sprechen konnte, so wie ich sie vorher kannte. Alles schien dramatisch und ausweglos. Ich stand vor dem Nichts und wollte es für lange Zeit nicht wahr haben, dass mir zum Beispiel alles aus den Händen fällt. Ich habe lange mit dieser Situation gelebt, bis mein Leben unerträglich wurde. Zur gleichen Zeit schien sich aber bei der Arbeit eine Möglichkeit aufzutun, nämlich die dritte Ergänzungsleistung (für Pflege und Betreuung). Ich dachte, diese Ergänzungsleistung könnte auch eine Möglichkeit für mich sein, meine persönliche Lebenssituation zu verbessern. Schlimmer konnte es ja nicht werden. Eines war auch ganz klar für mich. Es sollte möglichst keinen Mehraufwand an Arbeit für mich bedeuten weil, davon hatte ich schon mehr als genug und ich bin auch nicht der Typ Mensch, der auf der Strasse oder sonst wo Leute ansprechen würde wegen einem Assistentenjob bei mir. So kam ich dann auf die Idee ein Inserat im Internet aufzugeben.

Und es dürfte dann auch nichts kosten, das war meine Vorgabe. Denn ich wollte kein eigenes Geld in meine Assistenz stecken. Dies nahm ich mir damals vor.

Ich habe dann einen Platz gefunden für mein Gratisinserat (www.gratis-inserate.ch).

Dennoch machte ich mir keine grossen Hoffnungen, dass ich eine Antwort bekommen würde. Es haben sich aber zwei Leute gemeldet, eine Frau per e-Mail und eine Frau per Telefon. Die Frau per e-Mail konnte ich leider nicht erreichen, mit der Frau am Telefon machte ich innerhalb der folgenden halben Stunde einen Termin ab.

Sie hatte eine sehr zackige Stimme, welche mich ein wenig erschreckte und ich mich mit der Frage beschäftigte, was sie wohl für ein Mensch sein würde. Zudem war ich an diesem Nachmittag ganz alleine im Büro. Mir wäre es viel lieber gewesen, wenn noch jemand dabei gewesen wäre. Aber wie heisst es so schön, wer A sagt muss auch B sagen. Ich hatte mir vorweg ein paar Bedingungen überlegt die sie unbedingt erfüllen musste, damit ich sie anstelle. Denn das hatte ich von meinen ausländischen KollegInnen gelernt, dass es sehr wichtig ist zu sagen was man braucht. Ansonsten würde die ganze persönliche Assistenz keinen Sinn machen und somit auch für mich keine bessere Lebensqualität bringen. Ich hatte zwei Dinge die mir sehr wichtig waren nämlich, dass sie mir die Windeln wechseln und mich füttern kann. Bei unserem Vorstellungsgespräch trat ich dann ziemlich rasch mit meinen Bedingungen an sie heran. Ich weiss nicht wie oft ich sie danach gefragt hatte, aber sie bejahte meine Fragen und so kam es, dass sie meine erste persönliche Assistentin wurde. Das war Anfang März 2005.

12.11.05

1. Über mich

Jemand aus meiner Umgebung fragte mich ob ich einen Blog schreiben würde, über persönliche Assistenz. Zuerst war ich nicht begeistert von dieser Anfrage. Wer sollte es denn interessieren, etwas über persönliche Assistenz zu erfahren und vor allem auch über meinen Umgang damit. Persönliche Assistenz ist ja ganz etwas Persönliches und Intimes. Ich bin sehr froh, dass ich mich entschieden habe anonym zu schreiben. Dennoch ein paar Angaben zu meiner Person . Ich bin behindert und ich habe eine fortschreitentende Behinderung. Ich lebe allein in einer eigenen Wohnung und ich arbeite. Meine Arbeit ist mein Lebensinhalt. Ich mag Filme und gutes Essen.

Ich lebe mit persönlicher Assistenz seit März 2005. Mein Leben hat sich durch persönliche Assistenz stark verändert. Ich kann mehr Dinge in weniger Zeit erledigen. Ich kann wieder auswärts essen gehen, ohne mich schämen zu müssen weil es so eklig aussieht wenn ich selber essen muss. Meine Assistentin füttert mich ja.

Ich möchte anderen behinderten Menschen Mut machen zu einem Leben mit persönlicher Assistenz, deshalb schreibe ich diesen Blog!