29.11.07

22. Wer’s glaubt wird selig

Eines meiner früheren Hobbys war das Theaterspielen. In einer meiner Rollen kam der Satz vor: „Wer’s glaubt wird selig„. An diesen Satz muss ich sehr oft denken, wenn ich mit meinen Assistentinnen zusammenarbeite. Ich bin ein Mensch der sehr viel verlegt, man nennt das auch eine „Chaotin“. Ich kann mit wenigen Sachen die grösste Unordnung produzieren und mich dann furchtbar darüber aufregen. Umgekehrt rege ich mich darüber auf wenn einmal ausnahmsweise Ordnung herrscht und ich deshalb nichts mehr finde. Ich fühl mich dann wie ein Fisch ohne Wasser, gelähmt im wahrsten Sinne des Wortes. Das Gegenmittel heisst dann: Unordnung wieder herstellen. Nun – ich habe eine sehr ordentliche Assistentin, welche meine Unordnung sicherlich manchmal sehr nervt. Ihre Aufgabe ist es dann etwas Verlegtes wieder zu finden. Zu einem Happy – End kommt es, wenn sie es findet. Schwieriger wird es erst wenn die Suche erfolglos ist. Dann bin ich am verzweifeln einerseits, wegen meines Unvermögens Ordnung zu halten, andererseits, weil ich nicht weiss was ich jetzt machen soll.

Ich reagiere meistens damit, dass ich dann nochmals meine Assistentin mit dem gleichen beauftrage weil ich mir denke, dass jeder Mensch einmal etwas übersehen kann. Dabei habe ich aber ein schlechtes Gewissen. Ich denke, dass dies für meine Assistentin auch ein Signal sein könnte, dass ich das Gefühl hätte sie mache ihre Arbeit nicht richtig. Es ist sicher unangenehm für sie die gleiche Arbeit nochmals zu machen. In einer solchen Situation wünsche ich mir oft, es selbst machen zu können. Ich habe auch oft ein schlechtes Gewissen wenn ich nachfrage ob sie dies oder jenes gemacht hätte. Da komme ich mir manchmal vor wie eine Polizistin, aber vielleicht gehört dies einfach zum Chefin sein dazu. Ich studiere oft darüber nach wie ich dieses Problem auf eine für beide Seiten angenehmere Weise lösen könnte. Bis jetzt habe ich noch keine Lösung gefunden und ich denke es gibt in jedem Job Dinge die man ungern macht. Es ist mir ein Anliegen, dass sich meine Assistentinnen bei der Arbeit wohlfühlen. Dennoch gibt es aber Dinge die unangenehm sind und es bereitet mir oftmals Mühe diese in Auftrag zu geben.
In Bezug auf mein Chaos wäre die Lösung aber denkbar einfach: Gründlich aufräumen!! Da wäre ich wohl jahrelang damit beschäftigt und dafür ist mir meine Assistenzzeit auch zu schade!

10.07.07

21. Kein Durchblick

Lang lang ist’s her seit dem letzten Blog.

Es ist zwar viel gelaufen, das heisst ich habe sehr viel gearbeitet und deshalb ist das Blogschreiben in den Hintergrund getreten. Ich hatte schlicht keine Kraft mehr auch mit Assistenz, Blogs zu schreiben. Aber nicht, dass man auf die Idee kommen könnte, ich hätte meine Assistentinnen nicht gebraucht. Ich habe sie einfach zur Unterstützung bei meiner Arbeit eingesetzt.

Ich finde überhaupt Arbeitsassistenz etwas sehr Schönes, kann ich doch mit meinen zunehmenden Behinderungen immer noch teilnehmen am Arbeitsprozess.

Das ist für mich ein ganz tolles Gefühl, da ich langsamer als eine Schnecke geworden bin. Dank Assistenz kann ich es ohne weiteres wieder mit Schnecken aufnehmen. Mehr noch, ich kann meine Arbeit in nützlicher Frist erledigen.

Nicht das jemand auf die Idee kommen könnte, dass ich meine Assistentinnen stressen könnte. Nein, sie arbeiten einfach in normalem Tempo und ich muss mich nicht mit einer blöden Computer Tastatur rumärgern oder „gschtabige“ Blätter mühsam in einen Drucker legen mit dem Resultat, dass sie dann rauskommen als hätte sie eine Kuh im Maul gehabt.

Im Moment läuft nichts besonderes in meinem Leben, ausser dass ich mich an meinem Computer etwas zu schaffen mache und neue Programme rauf- und runterlade und sie auch verstehen lernen muss. Dies fällt mir sehr schwer und am Liebsten würd’ ich das auch an meine Assistentinnen delegieren. Aber ich muss sagen, dass es in der hintersten Ecke meiner Seele doch noch ein bisschen Spass macht etwas Neues zu lernen. Wenn ich es dann nach Hundert Versuchen geschafft habe. Ich habe zwar ein schlechtes Gewissen meinen Assistentinnen gegenüber, dass sie einfach stundenlang neben mir sitzen müssen, aber das gehört auch zu ihrer Arbeit, denke ich. Vielleicht lernen sie ja auch noch etwas.

Letzthin war ich unterwegs, mit Assistenz natürlich, zum nächstgelegenen Einkaufszentrum. Und der kürzeste Weg dahin führt über eine Brücke. So machten wir uns also gutgelaunt auf den Weg. Schon nur deshalb weil es auf dieser Brücke noch nie geregnet hat, im Gegensatz zu einem früheren Blog über eine andere Brückenerfahrung.

Sie erraten was diesmal passierte. Es regnete ganz leicht und ganz kalt vom Himmel herab, was natürlich mein romantisches Verhältnis zu dieser Brücke empfindlich stört. Nichts desto Trotz gings weiter. Wir können uns das Wetter ja leider nicht aussuchen.

Fast am Ende der Brücke angekommen bot sich uns ein unerwartetes Bild: Überall Rauch, es hing ein undefinierbarer Geruch in der Luft, wenige Meter vor uns Massen von Leuten die ganz gedrängt, mitten auf der Strasse die Brücke hochkamen, eskortiert von der Polizei.

Vorerst erschreckte mich diese Szenerie gar nicht so. Ich sah immer noch Leute die Strasse überqueren genauso wie ich das im Sinn hatte. Je näher ich aber kam, umso mehr Angst bekam ich. Ringsherum knallte es, von einer Seite stieg Rauch auf und ich hatte das Gefühl, dass ich nächstens ein Geschoss aus der Luft abbekommen würde. Einen Moment lang zögerte ich noch und überlegte was ich machen sollte. Meine erste Überlegung war einfach Stehen, respektive Sitzen zu bleiben und zu warten bis die Menschenmenge an uns vorbei war. Aber der Rauch kam immer näher. So entschied ich mich dann schweren Herzens umzukehren. Ich dachte in diesem Moment auch an die Sicherheit meiner Assistentin. Und warum soll ich eine Verletzung von uns riskieren. Das einfachste wäre gewesen, einfach weiter oben die Strasse zu überqueren. Aber dank findiger Strassenplaner wurde mir dies architektonisch verwehrt.

So blieb mir schlussendlich nichts anderes übrig als umzukehren. Also rollten wir eben einen grossen Umweg zum Einkaufszentrum, aber dennoch zu meiner grossen Freude mit einer Abkürzung querfeldein. Und ich liebe Abkürzungen.

Oh Wunder, trotz diesem grossen Umweg hatte ich noch mehr als eine Stunde Zeit meinem Hobby nachzugehen.... nämlich Einkaufen.