12.02.08

23. Zum Geschäftstermin mit Assistenz

Zuerst einmal ein paar Vorbemerkungen zu diesem Blog. Nicht nur Menschen mit Behinderung haben heutzutage persönliche Assistenz. An verschiedenen Sitzungen an denen ich teilnehme haben wichtige Leute ihre persönliche Assistentin dabei. Früher nannte man diese Frauen Sekretärinnen, heute heissen sie persönliche Assistentinnen.

Demnach sollte es in den Köpfen der Menschen sein was eine persönliche Assistentin ist. Aber persönliche Assistenz ist nicht gleich persönliche Assistenz. Davon handelt der nachfolgende Blog.
An meinem Arbeitsplatz bin ich unter anderem für die Buchhaltung verantwortlich. Vor ein paar Wochen nun, war es wieder mal Zeit diese revidieren zu lassen. So verabredete ich mich mit unserem Revisor am Flughafen. Nicht, dass jetzt jemand auf die Idee kommen könnte nach der Übergabe würde ich gerade auf die Bahamas oder so entfliehen, weil ich mir vorher etwas zur Seite gelegt hätte. Und überhaupt für die Bahamas hätte es sowieso nicht reichen können, bestenfalls für Korsika mit Übernachtung in einem Touristenlager.
Wir trafen uns einfach in der Mitte zwischen seinem und meinem Büro. Da ich nachher sowieso den Flughafen ein wenig geniessen wollte ging ich mit meiner Assistentin dorthin. Der Revisor stellte mir verschiedene Fragen und während ich sie beantwortete bemerkte ich wie er hin und wieder meine Assistentin ungläubig ansah. Sein Blick schien meine Assistentin zu fragen: „Kann man ihr trauen?“, oder „stimmt, was sie sagt?“. Mich störte das sehr. Da kamen mir meine Geschwister in den Sinn und wie das war, wenn sie mit mir unterwegs waren. Wenn wir dann in einen Laden gingen und die Verkäuferin jeweils meine Geschwister ansprach mit den Fragen: „Was will er denn?“, oder „welche Farbe mag er denn?“. Komischerweise wurde ich zu dieser Zeit immer als Mann angesehen. Das alles ging mir so auf die Nerven erstens, dass ich als Mann angesehen und zweitens, dass ich nicht direkt angesprochen wurde, dass ich dann beschloss alleine einkaufen zu gehen. So waren die Verkäuferinnen gezwungen mich direkt anzusprechen.
In meinem heutigen Lieblingsladen werde ich angesprochen ob meine Kollegin nicht dabei sei. Da versuche ich jeweils zu erklären, dass sie meine persönliche Assistentin ist und von mir persönlich angestellt worden ist. Dies gelingt mir jedoch nicht. Ich frage mich dann warum das so ist. Wahrscheinlich liegt es an den Vorstellungen der Leute. In ihren Augen kann es gar nicht sein, dass eine behinderte Frau sich selbst jemanden sucht und anstellt, damit ein Geschäft eröffnet und zur Arbeitgeberin wird. „Kollegin“ klingt eben netter und überhaupt habe ich das Gefühl, dass meine Assistentin als netter empfunden wird als ich.
Ich habe mir schon viele Gedanken zu diesem Thema gemacht und ich kann es nicht so handhaben wie früher mit meinen Geschwistern. Ich denke meine Assistentin wird mich weiterhin begleiten und ich werde meine Ohren zumachen und nicht mehr erklären wie unser Verhältnis zueinander ist. Irgendwann in zehn, zwanzig Jahren werden die Menschen vielleicht begriffen haben was und wofür persönliche Assistenz bei Menschen mit Behinderung ist.