12.09.06

19. Der „grosse“ Unterschied

Ich mache mir oft Gedanken über die verschiedenen Arten von Dienstleistungen welche an behinderten Menschen erbracht werden. Besonders der Unterschied zwischen Spitex und Persönlicher Assistenz.

Ich beziehe beide Arten von Dienstleistungen täglich. Am Morgen „ geniesse“ ich die Spitexleistung danach folgt nahtlos die Dienstleistung der persönlichen Assistenz. Bei der persönlichen Assistenz kann ich mich jeweils von der Spitex erholen. Nämlich bei der persönlichen Assistenz bin ich die Chefin, denn ich habe diese ausgesucht. Zum Beispiel werde ich nie begrüsst werden mit: „ Guten Tag Frau Sowieso, heute bin ich für Sie zuständig.“ Diesen Satz sprach heute meine neue Spitex-Schwester, als sie zur Tür herein kam. Nehme man diesen Satz ernst könnte das heissen, dass sie alle meine Sorgen, Gefühle und Gedanken von mir nehmen würde und ich mir keine Gedanken machen müsste über den Ablauf meines Tages. Mehr noch, dass sie mir genau sagt was ich fordern darf und was nicht, kurzum wie ich zu sein hätte. Im ersten Moment fand ich ihren Satz sehr amüsant, aber im zweiten fand ich ihn ziemlich daneben. Ich fragte sie dann ob sie im Spital arbeiten würde, was sie bejahte.

Ganz anders meine persönliche Assistentin. Sie kommt rein und sagt: „ Guten Tag Frau Sowieso, was haben sie heute geplant für mich?“ Meistens habe ich schon einen Arbeitsplan in meinem Kopf und wenn nicht, lass ich sie zuerst mal sich hinsetzen. Ich kann meiner persönlichen Assistentin zum Beispiel auftragen mich an etwas zu erinnern, ohne dass ich das Gefühl habe die Zügel aus der Hand zu geben.

Ganz anders bei der Spitex .Wenn ich ihr so etwas auftrage, habe ich nachher das Gefühl die Zügel aus der Hand zu geben. Ein Beispiel: Ich werde von ihr im Bett angezogen und ich trage Windeln. Bevor ich aufstehe und ihr nicht sage, dass ich die Windeln erst nach dem Toilettengang anziehen will, holt sie selbstverständlich gleich Windeln und zieht sie mir schon im Liegen an. Das passt mir überhaupt nicht. Ich finde es nämlich sehr schmerzhaft und unangenehm im Liegen windeln anziehen zu müssen um diese dann gleich wieder, 5 min später, auszuziehen. Genau das passierte mir heute Morgen wieder einmal. Auch muss ich bei der Spitex vorsichtig sein wenn ich Kritik übe. Denn in den Augen der Spitex verstosse ich oft gegen Regeln ihres Berufstandes. Um ein anderes Beispiel zu nehmen: „Man trinkt keinen Kaffee auf der Toilette“. Mein letztes verzweifeltes Argument ist dann, dass wir hier nicht in einem Spital seien sondern in meinem Privathaushalt und dass hier andere Regeln gelten.

Damit ist nicht gesagt, dass meine Assistentinnen nie Sachen machen welche ich nicht mag, aber sie sind dann nicht eingeschnappt oder fühlen sich gar in ihrer Berufsehre gekränkt.

Der Unterschied ist auch: wenn etwas gröberes mit meiner Assistentin ist, das heisst ich auf 180 bin, verschiebe ich die Aussprache um ein oder mehrere Tage.

Verschieben kann ich aber bei der Spitex nicht, denn am nächsten Tag kommt schon eine Andere.

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